The Runes Have Been Cast

Autor IRWIN, Robert

Verlag Sawtry: Dedalus 2021

Da haben wir’s: Time’s wingèd chariot, denn es ist 35 Jahre her, dass ich meinen letzten Irwin gelesen habe. Das war „The Limits of Vision“, und ich habe das Buch gerne für Buchbesprechungen verordnet.

Nun also wieder ein Irwin, hauptberuflich Orientalist. Ich habe dieses Buch mit so viel Vergnügen gelesen, dass ich beschlossen habe, meine Irwin-Lücken zu füllen.

Wir sind in einer ‚campus novel‘ in den frühen 60er-Jahren. Zwei talentierte junge Männer studieren beim mysteriösen Raven in Oxford das Literaturhandwerk. Beide, Lancelyn, Etonian und vermögend, und Bernard, ein bloßer grammar-school-boy, interessieren sich für M. R. James, doch Bernard gewinnt dem Kampf um die Dissertation und bleibt in Oxford. Lanyelyn, der dann über Walter de la Mare arbeiten wollte, findet sich plötzlich in St. Andrews wieder, wo er Kurse über Robert Burton und Sir Thomas Browne hält und in die dortige Auseinandersetzuung zwischen den Leavis- und den Lewis-Anhängern hineingezogen wird.

Lancelyn ist ein weltfremder Akademiker, der Angst vor Gesprächen und Frauen hat; seine Liebe gilt den Büchern, und wir lernen hier zahlreiche seltsame Titel kennen, die, so weit ich das überprüft habe, tatsächlich existieren (z.B. Hermippus Redividus). Er ist auch vom Deweyschen Klassifikationssystem fasziniert, bis er merkt, dass Dewey eine ganz und gar widerliche Person war.

Bernard hat inzwischen Molly geheiratet, eine selbstbewusste Frau, die gern Muse sein will und sich auch dem panischen Lancelyn nähert. Der kommt mit all dem letztlich schlecht zurecht, und wir sehen ihn schon ein Dr. Kien-Schicksal (Canetti!) erleiden. Die ‚campus novel‘ wird, den Untersuchungsgegenständen gemäß, immer bizarrer und mysteriöser.

Alle Charaktere erweisen sich als relativ unzuverlässige Erzähl-Figuren, aber genau das macht den Reiz des Buches aus; hinzukommt, dass alle, die ihren M. R. James und de la Mare gelesen haben, zusätzliches Vergnügen aus dem Roman ziehen. Und die Literaturwissenschaftler-Methode nach Ignatius de Loyola hat auch einiges für sich. Bleibt noch anzumerken, dass Lancelyn wirklich nicht ganz von dieser Welt ist, denn als er jemanden mit dem neumodischen Dufflecoat sieht, ist er entsetzt. Den gibt es aber bekanntlich schon länger als seit den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Andererseits: Lancelyn lässt sich auf moderne Literatur ein und liest Ian Fleming. Na bitte.

pp. 249

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.05.2022
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