Night Watch
Autor PHILLIPS, Jayne, Anne
Verlag New York: Vintage 2024 (1st: 2023)
Vor Jahren habe ich “Lark and Termite“ von Phillips gelesen (s. Archiv) und war damals sehr angetan. Nun habe ich die Tatsache, dass Phillips den Pulitzer gewonnen hat, zum Anlass genommen, ihren sechsten Roman zu lesen – und war wieder sehr angetan.
„Night Watch“ spielt in den Jahren 1864 und 1874 (mit einem Epilog aus 1883). Es erzählt vornehmlich die Geschichte von ConaLee, die mit ihrer Mutter Eliza im Trans-Allegheny Lunatic Asylum landet, wo sich ConaLee als Dienstmädchen (Nurse Connolly) von Eliza (hier Ms. Janet) ausgibt und wo beide dem Bürgerkriegsschrecken entkommen und ihre Traumata ein wenig aufarbeiten können. Dort arbeitet auch John O’Shea, der im Krieg schwer verwundet wurde und nun die titelgebende ‚night watch‘ ist. Weitere Charaktere sind ein sadistischer Veteran, der sich ‚Papa‘ nennen lässt und vornehmlich Eliza durch die Hölle führt, eine heilkundige Alte (Dearbhla) und ein wildes Waisenkind (Weed). Wie alle Figuren zusammenhängen, eröffnet sich beim Lesen.
„Night Watch“ ist ein Buch voll drastischer Szenen, wie etwa die Vergewaltigung Elizas oder die Operation an Elizas Ehemann, der eine Kopfwunde erlitten hat. Die Menschen leben in einer verwundeten Welt, die Verwundeten finden sich schon gar nicht zurecht („My husband came back but struggled to be himself.“). Phillips führt deutlich vor Augen, wie schlimm ein Kapitel amerikanischer Zerrissenheit sein kann. Sehr lesenswert!
pp. 276 (Gegenwartsliteratur)