Katabasis
Autor KUANG, R. F.
Verlag London: HarperVoyager 2025
Dies ist bereits Kuangs sechster Roman, und seit „Yellowface“ (s. Archiv) ist Wunderkind Kuang nicht mehr aus den Bestsellerlisten wegzudenken.
Wir befinden uns im Cambridge der 80er-Jahre. Alice Law und Peter Murdoch sind postgrads am Department of Analytic Magick und -campus novel mäßig – Konkurrenten. Alice arbeitet verbissen für ihren Betreuer, Professor Jacob Grimes, der im Laufe des Romans immer unsympathischer wird, Peter, charmantes Genie, tut sich da etwas leichter.
Als Grimes bei einem Unfall (war es die Schuld von Alice?) ums Leben kommt, beschließen beide, die Hölle mit ihren acht Kreisen aufzusuchen, um Grimes wieder ins Leben zurückzuholen, denn sie brauchen ihn für Abschluss und Karriere.
Im Folgenden begleiten wir die beiden (später Alice alleine) durch die Höllenkreise, durch zahlreiche Abenteuer (die bisweilen ein bisschen ermüden können), wir sehen ihre Auseinandersetzungen mit den ‚shades‘, vorwiegend tote Gelehrte, mit mörderischen ‚shades‘ (the Kripkes), mit realen Gefahren, die Lebende unter den Toten ausgesetzt sind.
Die beiden Hauptcharaktere, die wissen, dass bei ihrer eventuellen Rückkehr ihre Lebenszeit halbiert wird, werden als äußerst unterschiedlich präsentiert. Alice ist verbissen-paranoid, beschreibt sich selbst einmal als „nasty resentful scheming little bitch“ (381), Peter ist gewinnend, aber gleichzeitig unnahbar.
Die Hölle ist komplex, Kuang bemüht Dante, Borges, T. S. Eliot, letztendlich ähnelt sie aber oft einem Campus, sodass der Roman eine fantasymäßig-dunkle Erweiterung der traditionellen ‚campus novel‘ ist.
Was noch interessant ist: Kuang bemüht zahlreiches (arkanes) Wissen, philosophische Probleme (Gödel und Escher kommen natürlich vor) und Paradoxa. Ich frage mich: Hat sie einfach gründlich Paradoxa recherchiert und sie verstanden? Oder eben nur zitiert? Wenn ich mir „Torricelli‘s Trumpet“ (oder „Gabriel’s Horn“) und die beigefügte mathematische Erklärung ansehe, dann verstehe ich rein gar nichts von der Mathematik. Und von Dialetheism (True Contradiction) habe ich sowieso keine Ahnung.
Kuang bietet also neben einer (weitgehend) spannenden Geschichte auch genug ‚brainfood‘. Lohnt sich!
pp. 541 (Gegenwartsliteratur)