James

Autor EVERETT, Percival

Verlag London: Mantle 2024

Plötzlich ist Everett in aller Munde, nicht nur wegen seines großen Erfolges mit „The Trees“ (s. Archiv). Dass er der Autor von mehr als 30 Romanen ist, das wurde allerdings von der Kritik nicht entsprechend gewürdigt.

Nun liegt sein neuester Roman vor, der die Geschichte des Sklaven Jim aus Twains „Huckleberry Finn“ neu erzählt. Twain wird hierzulande wohl nicht so viel gelesen wie in den Staaten, aber Everetts Roman lässt sich auch von den weniger Belesenen mit Interesse und Vergnügen verschlingen.

Jim soll verkauft werden, Huck fürchtet seinen Vater. Gemeinsam beginnt ihre Flucht entlang des Mississippi. Jim jedoch ist in Sorge: „I be worried ?bout my fambly”, meint er zu Huck. Desungeachtet muss er fort – und trifft dort, wie bei Mark Twain, auf zwei Betrüger, er tritt einem Chor bei, der mit ‚blackfacing‘ arbeitet, sodass er absurderweise zuerst auf Weiß und dann auf Schwarz geschminkt wird. Er überlebt zahlreiche Abenteuer (mal mit, mal ohne Huck) und er erleidet Gewalt und Erniedrigung durch die Weißen, die allesamt als wenig sympathisch bis sadistisch dargestellt werden. Aber auch manche Schwarze sind zufrieden mit ihrem Sklavendasein und lassen Solidarität vermissen.

Jim wird immer mehr zum Subjekt, zum Autor seines Schicksals. In seinen Fieberträumen diskutiert er mit Voltaire und Locke, er wundert sich, was Kierkegaard sagen würde, und er beginnt mit einem gestohlenen Bleistift (der dem Dieb das Leben kostet) seine Geschichte aufzuschreiben.

„James“ ist nicht nur eine Odyssee des Leidens, es ist auch ein Roman über Sprache. Den Weißen gegenüber pflegen die Sklaven den von ihnen erwarteten Lingo, aber untereinander sprechen sie gepflegtes Amerikanisch. Wenn Jim aus der Rolle fällt, dann ist auch Huck ziemlich verwirrt, zumal sein Wortschatz nicht mit dem von Jim mithalten kann. (Wer das Buch nicht im Original lesen kann, der versäumt viel.)
Jims Emanzipation, in dem der überflüssige Rettungsversuch Tom Sawyers einfach ausgelassen wird, liest sich mit Spannung und Freude. Am Schluss ist er James. “Just James“.

pp. 303 (Gegenwartsliteratur)

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
30.04.2024
Link
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