Während der Regenbogen verblaßt

Als ich den ersten Band dieser Trilogie, von der jetzt Teil 2 vorliegt, las, musste ich einige Male zurückblättern, weil ich das Unglaubliche, das da stand, nicht fassen konnte. Aber ich hatte mich nicht verlesen, Pohl beschönigt nichts, Pohl entläst uns nicht in eine möglicherweise heile Welt. ...

Als ich den ersten Band dieser Trilogie, von der jetzt Teil 2 vorliegt, las, musste ich einige Male zurückblättern, weil ich das Unglaubliche, das da stand, nicht fassen konnte. Aber ich hatte mich nicht verlesen, Pohl beschönigt nichts, Pohl entläst uns nicht in eine möglicherweise heile Welt. (Der Schluß von "Der Regenbogen hat nur acht Farben" gehört zu den unüblichsten Schlüssen, die ich kenne.) In der Folge haben einige Schüler/-innen einer vierten Klasse den ersten Band gelesen und genauso begierig wie ich die Fortsetzung erwartet, die auf schwedisch bereits 1989 erschienen ist.

Da ist sie nun, und ich kann gleich vorweg sagen: Die Verblüffung, die der erste Band hervorgerufen hat, erreicht sie nicht. Dennoch ist Henriks Geschichte eine furchtbare Odyssee. Hat der erste Band seine Geschichte in den Nachkriegsjahren behandelt, so widmet sich der zweite Band dem Anfang der 50er Jahre. Henrik heißt jetzt H. Mikael Stolberg und wurde vom Oberbuchhalter Stenberg adoptiert (gekauft, wie Mikael es sieht). Stenberg macht ihm das Leben zur Hölle, und nur die Freundschaft mit dem Mädchen Sänne rettet Mikael vorm sicheren Verderben. Über die Zwischenstation Jugendheim gerät er dann zu Rolf und Gerda (wieder 'gekauft') und damit wieder letztlich in neue Probleme. Das Sommercamp mit seinem Freund Bigg gibt ihm so etwas wie Halt, doch ist es für Mikael ein mühseliger Weg, Begriffe wie Verzeihen, Mitleid, Gerechtigkeit, Nachsicht mit Inhalten zu füllen. Leichter fiele ihm Sehnsucht, denn Sehnsucht hat einen Namen: Sänne. Mikaels Sehnen und Hoffen ist es auch, das dem Buch einen doppelt traurigen Ton verleiht. Pohls fast erwachsene Erzählperspektive und Darstellung wecken dennoch Erinnerungen an die schweren Träume der eigenen Kindheit, gleichzeitig aber zeigt er uns, dass Heranwachsen in jedem Fall schwierig, traurig, schön, gefährlich, schrecklich, niemals aber leicht ist.

Auch wenn dieser Band weniger trist und erschütternd ist als der erste, so räumt er dennoch mit jeglicher Betulichkeit in der Jugendliteratur auf; sollten Sie sich auch nur im entferntesten für die Gattung interessieren, dann ist dies Pflichtlektüre. Ich selbst bedaure nur, dass ich nicht Schwedisch kann, und warte schon gespannt auf den dritten Teil.
(Nachsatz: Der im Übrigen nicht so fesselt wie die beiden ersten Bände.)
(GF7/4-1995)

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Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
01.07.2001
Link
https://rezensionen.schule.at/portale/rezensionen/julit-deutsch/tod/detail/waehrend-der-regenbogen-verblasst.html
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